• Lübbecke
  • Espelkamp
  • Rahden
  • Pr. Oldendorf
  • Hüllhorst
  • Stemwede

Rotary INKLUSIV hilft Menschen mit Behinderung

Rahden -

Mit dem Roller zur Arbeit fahren, Zeit für die Hobbys haben und die Freizeit selbst gestalten: Für viele Menschen ist das nichts Besonderes, für Matthias Teichrib aber eine ganz neue Erfahrung. Der 29-jährige lebt mit einer leichten geistigen Behinderung und damit verbundenen Einschränkungen. Durch das Projekt Rotary INKLUSIV ist er jetzt auf dem Weg, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Acht Jahre lang war Teichrib bei den Lübbecker Werkstätten beschäftigt. Als Einrichtung der Lebenshilfe Lübbecke bieten die Lübbecker Werkstätten Menschen mit Behinderungen eine sinnvolle Beschäftigung und damit berufliche Rehabilitation an. Arbeitsbegleitende Maßnahmen bieten zusätzliche Förderungs-, Bildungs- und Freizeitangebote. Gleichzeitig verfolgen die Lübbecker Werkstätten das Ziel, Menschen mit Behinderungen den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Mit dem Roller zur Arbeit fahren, Zeit für die Hobbys haben und die Freizeit selbst gestalten: Für viele Menschen ist das nichts Besonderes

Unsere Fotos zeigen oben Matthias Teichrib bei unterschiedlichen Arbeiten im Herrenmodehaus Lange in Rahden, unten Geschäftsinhaber Andreas Winkelmann, der als Unternehmer und Rotarier durch soziales Engagement ein Beispiel setzen will. (Fotos: Lebenshilfe Lübbecke)

Kontakte und Ziele

Unterstützung bekommen sie derzeit über das Projekt Rotary INKLUSIV vom Rotary Club Lübbecke/Westfalen. Die Mitglieder des Clubs nutzen ihre persönlichen Kontakte, um Menschen mit Behinderungen ein Praktikum und mehr zu ermöglichen, die so die Arbeitswelt außerhalb der Werkstätten kennen lernen. Geleitet wird die Projektgruppe von Georg Droste. Achim Grube, Holger Brand, Dr. Dr. Axel Beelmann, Swen Binner, Christoph Degener, Prof. Dr. Michael Poll und Andreas Winkelmann vom Rotary Club Lübbecke/Westfalen; Nicole Spengemann und Daniel Heinrichs von der Lebenshilfe Lübbecke arbeiten mit.

„Das Projekt Rotary INKLUSIV verfolgt zwei wesentliche Ziele“, erklärt Droste. „Wir möchten es Menschen mit Behinderungen ermöglichen, sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuprobieren, neue Tätigkeitsbereiche und Qualifikationen zu erwerben, sowie, wenn möglich, eine sozialversicherungspflichtige Übernahme zu erreichen. Gleichzeitig wollen wir viele Arbeitgeber durch umfassende Informationen ermutigen, auch Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen.“

Mit im Team ist auch Andreas Winkelmann, Inhaber von Lange Herrenmoden in Rahden und derzeit Arbeitgeber von Matthias Teichrib. „Ich möchte gemeinsam mit unserer Projektgruppe Rotary INKLUSIV Unternehmer überzeugen, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen und da muss ich selbst mit gutem Beispiel vorangehen“, erläutert Winkelmann seine persönliche Motivation.

„Ich habe mir gedacht: Schau doch mal im eigenen Betrieb, welche Möglichkeiten du findest.“ Dann ging alles sehr schnell: Gemeinsam mit den Lübbecker Werkstätten hat Winkelmann die Abläufe in seinem Unternehmen untersucht und ein Tätigkeitsprofil erstellt. Das entsprach den Fähigkeiten und Vorstellungen von Matthias Teichrib. Im April 2015 konnte er ein erstes Praktikum bei Lange Herrenmoden aufnehmen.

Plus an Lebensqualität

„Ich habe mich sofort sehr gut gefühlt, angenommen“, erzählt Teichrib. Nach dem Praktikum hat er die Arbeit deshalb in Form eines ausgelagerten Arbeitsplatzes fortgesetzt und erledigt seine Aufgaben weitestgehend selbstständig. Er nimmt die Ware von den Kurierfahrern entgegen, bringt sie ins Lager, kontrolliert Stückzahlen und Lieferscheine und sortiert die Ware ein oder nimmt die Preisauszeichnung vor. Dann bringt er sie in die entsprechenden Abteilungen oder die andere Filiale in der Stadt.

Nach Feierabend fährt er mit seinem Roller nach Hause ins benachbarte Tonnenheide. „Das, was ich früher in der Werkstatt gelernt habe, kann ich ja jetzt im Kleinen zu Hause machen“, meint Teichrib. „Elektronik basteln, löten und was mit meinem PC machen. Und an meinem Roller schrauben.“

Für Matthias Teichrib bedeutet sein neuer Alltag ein großes Plus an Lebensqualität. Andreas Winkelmann hat einen zuverlässigen Mitarbeiter gewonnen, der auch von seinen Kolleginnen und Kollegen akzeptiert und geschätzt wird. „Herrn Teichrib in unseren Betrieb zu integrieren ist uns nicht schwergefallen“, stellt Winkelmann fest. Insbesondere die intensive Begleitung durch die Lübbecker Werkstätten spielt dabei eine große Rolle.

Förderung

„Wir von der Lebenshilfe sind vor allem für Menschen mit Behinderung der erste Ansprechpartner“, sagt Nicole Spengemann als Projektkoordinatorin der Lübecker Werkstätten. „Der Rotary Club Lübbecke hat das Projekt initiiert. Finanziert wird es durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) aus Mitteln des LWL-Budget für Arbeitaktion 5 und Mitteln der Lübbecker Werkstätten. Zusätzlich unterstützen es der Rotary Club Lübbecke/Westfalen und Rotary International (District 1900), mit beträchtlichen Spenden. Der LWL kann Unternehmen weitere wirtschaftliche Anreize für die Beschäftigung eines Menschen mit Behinderung einräumen.“

Es gibt Fördermittel für die Einrichtung eines Arbeitsplatzes oder die direkte Förderung des Beschäftigungsverhältnisses. „Betrachten Arbeitgeber unser Projekt nur unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, dann sind sie nicht die richtigen Partner für uns“, stellt Achim Grube, Präsident des Rotary Clubs fest. „Unternehmer sollten sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sein und können diese zu gelebter Unternehmenskultur weiterentwickeln, wenn sie sich für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen öffnen. Erfreulicherweise gibt es viele Unternehmen, die so denken und mitmachen.“

Ob aus diesem gesellschaftlichen Engagement ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis wird, hängt davon ab, ob Mensch und Unternehmen richtig zueinander passen. Ist das nicht der Fall, können sowohl das Unternehmen als auch der Mensch mit Behinderung das Beschäftigungsverhältnis beenden.

„Es gibt für beide Seiten immer einen Weg zurück“, meint Droste. „Wenn ein Mensch mit Behinderung merkt, dass die Arbeit in einem normalen Betrieb nicht das richtige für ihn ist, kann er mit wichtigen Erfahrungen und der Erkenntnis dort gut aufgehoben zu sein in die Lübbecker Werkstätten zurückkehren.“

(Text und Fotos: Lebenshilfe Lübbecke)

Lebenshilfe Lübbecke und Lübbecker Werkstätten

Menschen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt werden, haben teilweise den Wunsch, sich außerhalb der Werkstatt zu erproben und auch längerfristig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu werden. Die Werkstätten haben den Auftrag, diesen Schritt zu ermöglichen und Menschen mit Behinderungen darauf vorzubereiten. Unterstützung bekommen sie von den regionalen Integrationsfachdiensten (IFD), die auch Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen beraten und über mögliche Fördermittel durch den LWL informieren. Weiterhin übernehmen diese die weitere Betreuung nach einem Arbeitsplatzwechsel.

Gemeinsam mit den Lübbecker Werkstätten und der Lebenshilfe Lübbecke sind die Integrationsfachdienste Minden/Lübbecke und Herford Projektpartner von Rotary INKLUSIV. Bisher konnte mit 20 Teilnehmern aktiv gearbeitet werden. Sieben von ihnen sind derzeit auf ausgelagerten Arbeitsplätzen beschäftigt, drei absolvieren ein Praktikum und mit André Schneider wird ein Teilnehmer des Projektes seit dem 1. September 2015 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Zwei weitere bereiten sich gerade auf den Einsatz beim Arbeitgeber vor.

Weitere Informationen zum Projekt und zur Arbeit der Projektpartner gibt es auf den Webseiten www.rotary-inklusiv.de, www.lebenshilfe-luebbecke.de, www.luebbecker-werkstatten.de, www.lwl.org, und www.ifd-westfalen.de.

Das ist auch interessant

Nach Messerangriff sitzt Beschuldigter in Haft

Supermarkt gleich zweimal von Einbrechern "besucht"

Sonderausstellung braucht viele private Fotos

Landschaften im Mühlenkreis

Wiehengebirge ist Teil des neuen UNESCO-Parks 

Streit unter Asylbewerbern: Wieder zugestochen