• Lübbecke
  • Espelkamp
  • Rahden
  • Pr. Oldendorf
  • Hüllhorst
  • Stemwede

'Wir kennen den Patienten, bevor er bei uns ist'

Minden | Lübbecke | Bad Oeynhausen -

https://www.hallo-luebbecke.de/data/Bildarchiv/2025/202507_Juli/20250718_hallo_minden_mkk_Arrival_Board_print.jpg

Dr. Patricia Kalle-Droste, Ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme am Universitätsklinikum Minden, Oberarzt Raphael Abels und Patrice Gabriel, Teamleitung Pflege sind sehr froh über das Arrival Board. Auf dem Board im Hintergrund stehen aktuell fünf Patientinnen und Patienten, die sich im Rettungswagen auf dem Weg ins Krankenhaus befinden. Die Farbmarkierungen zu Beginn der Zeilen zeigen die vorläufige Triage-Einordnung. Drei Patienten sind mit grün („weniger dringend“) und zwei mit gelb („dringend“) triagiert. Die Farben orange und rot sind nicht zu sehen. Sie stehen für „sehr dringend“ und „Sofort“! 

In medizinischen Notfällen zählt oft jede Minute. Damit lebensbedrohte Patientinnen und Patienten in den Notaufnahmen in Minden, Lübbecke und Bad Oeynhausen künftig noch schneller und gezielter versorgt werden können, setzen die Kliniken ab sofort ein neues digitales System ein: das sogenannte Arrival Board. Damit erhalten Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte schon während der Anfahrt des Rettungswagens alle wichtigen Informationen über den Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten – und können sich optimal auf deren Behandlung vorbereiten. „Wir kennen die Patientinnen und Patienten, bevor sie bei uns sind“, sagt Dr. Patricia Kalle-Droste, Ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme am Universitätsklinikum Minden.

Für die Patientinnen und Patienten bedeutet das eine schnellere und besser abgestimmte Versorgung. „Schon während der Notfalltransport noch unterwegs ist, sehen wir auf dem Arrival Board unter anderem die Verdachtsdiagnose, die Vitalwerte und die voraussichtliche Ankunftszeit. So können wir bei Bedarf im Hintergrund alles vorbereiten, um direkt mit der richtigen Behandlung zu starten“, sagt Dr. Patricia Kalle-Droste. 

Bisher wurden die Notaufnahmen oft telefonisch vom Rettungsdienst über einen Notfall informiert. Dabei konnten relevante Informationen leicht verloren gehen oder waren beim Eintreffen noch nicht vollständig. Mit dem neuen System erfassen die Rettungskräfte alle erhobenen Daten wie EKG, Blutdruck oder Sauerstoffsättigung direkt über ein Tablet und senden sie digital an das Krankenhaus. Auf einem Monitor in der Notaufnahme, dem sogenannten Arrival Board, erscheinen diese Daten sofort und übersichtlich. 

„Für unsere Pflegeteams ist das ein echter Fortschritt“, sagt Patrice Gabriel, Teamleitung Pflege der Zentralen Notaufnahme am Johannes Wesling Klinikum. „Wir können genau sehen, wie kritisch der Zustand der Patientin oder des Patienten ist und welche Maßnahmen wir sofort vorbereiten müssen. Das gibt uns Sicherheit und spart wertvolle Zeit.“

Besonders bei schweren Notfällen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Verkehrsunfällen können die Minuten vor Ort entscheidend sein. „Wenn wir bereits auf dem Arrival Board sehen, dass ein Patient einen Schlaganfallverdacht hat, können wir sofort ein CT anmelden und das Spezialteam informieren“, erklärt Raphael Abels, Oberarzt der Universitätsklinik für Anästhesiologie und Ärztlicher Leiter des Notarztstandortes Minden und Bad Oeynhausen. „So ist alles bereit, wenn der Rettungswagen ankommt – das kann im Ernstfall Leben retten.“

Etwa 100.000 Euro sind in die Einführung der neuen Technik im Universitätsklinikum Minden, dem Krankenhaus Lübbecke und dem Krankenhaus Bad Oeynhausen geflossen. An allen drei Standorten ist das neue System am Laufen und kommt gut an. „Die gesamte Rettungskette ist durch das Arrival Board einen großen Schritt moderner und effizienter geworden“, freut sich Dr. Kalle-Droste. „Rettungsdienst und Notaufnahme sind dadurch noch ein Stück enger zusammengewachsen“. 

In der Vergangenheit gab es bereits einzelne Elemente einer Übertragung von medizinischen Daten aus dem Rettungswagen. So konnte beispielsweise bei einem Herzinfarkt das EKG aus dem Rettungswagen per E-Mail an die Notaufnahme und das Herzkatheterlabor verschickt werden. „Jetzt sind wir einen Schritt weiter, weil standardmäßig und ohne zusätzlichen Aufwand für den Rettungsdienst alle erhobenen medizinischen Daten sowie Verdachtsdiagnosen übermittelt werden“, so Oberarzt Raphael Abels. 

Die neue Technik führt allerdings nicht dazu, dass Wartezeiten bei leichteren Unfällen kürzer werden. „Wer mit Lappalien wie einer Magenverstimmung in die Notaufnahme kommt, wird weiterhin sehr lange warten müssen – egal ob er zu Fuß oder mit dem Rettungswagen kommt. Die Reihenfolge der Behandlung richtet sich an der Dringlichkeit des Notfalls. Lebensbedrohliche Notfälle werden sofort behandelt. Alles andere muss leider warten. Daran ändert auch das Arrival Board nichts“, erklärt Dr. Kalle-Droste. 

Trotz der neuen Technik hat ein Ritual nicht ausgedient: der Anruf aus dem Rettungswagen zur Ankündigung eines schweren Notfalls. „Ein kurzer persönlicher Kontakt zwischen dem Rettungsdienst und den Mitarbeitenden der Notaufnahme bleibt trotz aller Technik wichtig“, so die Ärztliche Leiterin der Notaufnahme. 

Quelle und Foto: Mühlenkreiskliniken AöR