Skandal umwittert: Die Marquise von O.
Espelkamp -
Mit Heinrich von Kleists berühmter Novelle „Die Marquise von O.“ von Liebe und Scham und der Selbstfindung des Menschen wird an diesem Samstag, 12. Oktober, ab 20.00 Uhr, die Abo-Reihe II der neuen Spielzeit 2013/2014 im Neuen Theater Espelkamp eröffnet.
In einer Produktion der Kempf Theatergastspiele stehen neben Lisa Wildmann als Marquise von O., Julia Jaschke als ihre Mutter, Christian Kaiser als ihr Vater sowie Sebastian Strehler in der Rolle des russischen Leutnants auf der Bühne.
„Die Marquise von O.“ spielt in Italien zur Zeit des Zweiten Koalitionskrieges (1799 – 1802). Als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern führt sie seit dem Tode ihres Mannes ein äußerst zurückgezogenes Leben bei ihren Eltern. Eine zweite Vermählung lehnt sie ab. Sie widmet sich ganz ihren Pflichten als Mutter und Tochter.
Dann bricht der Alptraum des Krieges über sie herein. Sie, die Pflichtbewusste, Enthaltsame, wird beinahe Opfer einer Vergewaltigung. Gerade noch rechtzeitig kann ein junger russischer Leutnant sie retten. Ein Engel scheint er ihr zu sein. Sie verlieben sich rettungslos. Auch sie, die doch nicht mehr lieben will. Als alles zu viel wird, sinkt sie in Ohnmacht.
Wochen später stellt sie fest, dass sie schwanger ist. Aber von wem? Und wie? Ihre Eltern verlangen Aufklärung über den Kindsvater. Ein heftiger Familienstreit entbrennt, an dessen Ende der Vater ihr das Umgangsrecht mit ihren Kindern entzieht und sie kurzerhand vor die Tür setzt. Auf die nächstliegende Möglichkeit kommt niemand.
Um nicht irre zu werden, klammert sich die Marquise an das Einzige, was ihr geblieben ist: das Kind in ihr. Und sie fasst einen ungewöhnlichen Entschluss: Dem Spott der Welt zum Trotz veröffentlicht sie in der Zeitung eine Annonce, in welcher sie den Kindsvater auffordert sich zu melden, sie wäre ent-schlossen, ihn zu heiraten, wer immer er auch sei. Als Kindsvater meldet sich: der junge russische Leutnant. Die Eltern sind erleichtert, die Marquise ist erschüttert. Ausgerechnet ihr Engel scheint ihr nun ein Teufel. Eine lange Zeit noch ist sie unerbittlich in ihrem Zorn auf sein moralisches Fehlverhalten. Doch schließlich siegen die Liebe und das Verzeihen.
Heinrich von Kleist stand im literarischen Leben seiner Zeit jenseits der etablierten Lager und der Literaturepochen. Bekannt ist er vor allem für die Theaterstücke „Das Käthchen von Heilbronn“, „Der zerbrochene Krug“, „Amphitryon“ und „Penthesilea“ sowie für seine Novellen „Michael Kohlhaas“ und „Die Marquise von O.“.
Beim Erscheinen im Jahr 1808 wurde Die Marquise von O. wegen der angedeuteten Vergewaltigung als Skandalgeschichte empfunden. Heute gilt die Erzählung als ein frühes Beispiel weiblicher Emanzipation. Am Schicksal der Marquise, die in einem existenziellen Konflikt zu sich selbst findet und Selbstständigkeit gewinnt, hinterfragt Kleist traditionelle Werte und die Konventionen familiären Lebens. In der Marquise von O… erzählt Kleist nicht linear, sondern – wie in einer Kriminalgeschichte – werden erst nach und nach die Zusammenhänge enthüllt und immer neue Spannungsbogen aufgebaut.
Eintrittskarten für das Schauspiel sind ab sofort erhältlich in der Geschäftsstelle des Volksbildungswerks Espelkamp e.V. im Kulturbüro im Bürgerhaus, Tel. 05772-562161, oder 562185 oder 562255, sowie in der Geschäftsstelle der Neuen Westfälischen in Lübbecke, Lange Straße 33, Tel. 05741-400000, und im Reisebüro Durnio in Rahden, Steinstraße 4, Tel.: 05771-91110. Onlinebuchungen sind über die Homepage des Neuen Theaters www.theater-espelkamp.de möglich. (Fotos: Mark Noormann)