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Klärschlamm-Kooperation ist das OWL-Zukunftsmodell

Minden-Lübbecke -

Klärschlamm-Kooperation Oil
Mitgliederversammlung der Klärschlammkooperation OWL im Historischen Saal der VHS Bielefeld: erste Reihe von links Thomas Grundmann, Karl-Heinz Schröder, Bert Schumacher (Bezirksregierung Detmold), Dr. Ute Röder und Dr. Till Elgeti (begleitender Fachanwalt der Kanzlei Wolter Hoppenberg). Foto: Stadt Bielefeld

Im Oktober 2018 vereinbarten der Abfallwirtschaftsverband Lippe, die Gesellschaft zur Entsorgung von Abfällen Kreis Gütersloh mbH, die Herforder Abwasser GmbH, der Abfallentsorgungsbetrieb des Kreises Minden-Lübbecke, der Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld sowie die Stadt Gütersloh als Erstunterzeichner eine Vorvereinbarung zur interkommunalen Klärschlammkooperation in Ostwestfalen-Lippe. Gemeinsam werden die Möglichkeiten einer regionalen und wirtschaftlich vorteilhaften Lösung zur Klärschlammverwertung untersucht. 

Dieser Vereinbarung sind jüngst die Städte Geseke und Lippstadt sowie die AWG kommunal aus dem Kreis Warendorf beigetreten, so dass fast 80 Städte und Gemeinden aus Ostwestfalen-Lippe und daran angrenzend gemeinsam die Zukunft in der Klärschlammentsorgung gestalten wollen. Begleitet und unterstützt wird die Initiative von der Bezirksregierung Detmold.  

Nach der ersten konstituierenden Mitgliederversammlung im Dezember 2018 hat die Mitgliederversammlung am 12.04.2019 in Bielefeld den gemeinsamen Lösungsweg weiter konkretisiert. Nach intensiven Gesprächen mit verschiedenen in der Klärschlammentsorgung erfahrenen Unternehmen und einer Prüfung möglicher kommunal verfügbaren Grundstücke in OWL favorisiert die Kooperation nun den Weg einer gemeinsamen europaweiten Ausschreibung zum Bau und Betrieb einer modernen Klärschlammverbrennungsanlage, wie sie z.B. in Zürich schon betrieben wird. Eine Entscheidung über einen Standort, wie z.B. Bielefeld, gibt es noch nicht. Diese erfolgt erst im Vergabeverfahren. Die Kooperation bekräftigt dazu noch einmal, dass sie so allen Kommunen eine sichere, wirtschaftliche und umweltgerechte langfristige Entsorgung ihrer Klärschlämme bieten will.  

Dr. Ute Röder vom Abfallwirtschaftsverband Lippe und Fachbereichsleiterin des Kreises Lippe als gewählte Vorsitzende des koordinierenden Arbeitskreises berichtet dazu in der Mitgliederversammlung: „Diese Kooperation ist beispielhaft für NRW und hat schon große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. So konnten intensive Gespräche mit interessierten Lösungsanbietern, wie der Interargem aus Bielefeld, aber auch Unternehmen wie der Gelsenwasser AG oder großen öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie der Emschergenossenschaft aus Essen, geführt und wichtige Erkenntnisse für die Kommunen in OWL gewonnen werden.“  

Thomas Grundmann, Geschäftsführer der GEG und einer der Stellvertreter im Arbeitskreis, ergänzt dazu: „Unsere Prinzipen Kostendeckung ohne Gewinnerzielung des Gemeinschaftsunternehmens und Solidarisierung sind für Kommunen und Bürger attraktiv. Um dies bestmöglich umzusetzen, wollen wir eine europaweite Ausschreibung vorbereiten und im Schulterschluss mit allen Mitgliedern weiterentwickeln.“ 

Aus dem Arbeitskreis Technik berichtet Karl-Heinz Schröder (Leiter der Kläranlage Putzhagen in Gütersloh und ebenfalls stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises), dass die technischen Lösungen detailliert geprüft wurden und nach derzeitigem Stand der Technik nur eine so genannte Wirbelschichtverbrennung in Frage kommt. Dank des Zusammenschlusses der OWL-Initiative verfügt die Kooperation über die von Fachleuten als Grenze für die Wirtschaftlichkeit angesehene Menge Klärschlamm. Die Kooperation wird in den nächsten Wochen intensiv die Grundlagen für die weitere Zusammenarbeit in OWL und darüber hinaus erarbeiten. 

Bert Schumacher, Hauptdezernent für Abfallwirtschaft bei der Bezirksregierung Detmold, berichtet, dass auch schon Gespräche mit dem Ministerium und den zuständigen Aufsichtsbehörden geführt wurden. Das Gesamtkonzept der Kooperation soll noch vor der Sommerpause 2019 von der Mitgliederversammlung beschlossen und anschließend in den kommunalen Gremien diskutiert und nach der Sommerpause entschieden werden. Zeitnah wird dann die Ausschreibung der OWL-Initiative mit den Kommunen, dessen Räte sich verbindlich für die bürgerfreundliche, wirtschaftliche und umweltgerechte Lösung der OWL-Initiative zur Sicherung der Klärschlammentsorgung entschieden haben, auf den Weg gebraucht.

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Klärschlamm und seine Nutzung/Entsorgung 

In OWL werden rund 100 Kläranlagen betrieben, die mittelbar oder unmittelbar in kommunaler Hand liegen. In den Kläranlagen fallen jährlich etwa 184.000 Tonnen  Klärschlamm an. Diese Klärschlämme enthalten eine ganze Reihe wertvoller Pflanzennährstoffe. Daher konnten in der Vergangenheit rund zwei Drittel als Dünger auf den Feldern der Region genutzt werden, die verbleibende Restmenge wurde in Kraftwerken und Zementwerken eingesetzt.  

Da der Klärschlamm neben wertvollen Bestandteilen jedoch auch umwelt- und gesundheitsgefährdende Schadstoffe enthalten kann, wurde in der neuen Klärschlammverordnung (AbfKlärV) die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung eingeschränkt. Weiterhin ist durch Inkrafttreten der neuen Düngeverordnung vom 02.06.2017 das Aufbringen von Stickstoff und Phosphor auf Äckern weiter eingeschränkt worden. 

Da aber Phosphor ein wertvoller Rohstoff ist, hat der Gesetzgeber eine grundsätzliche Phosphorrückgewinnung für Klärschlämme vorgesehen. Betreiber von Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von mehr als 50.000 Einwohnerwerten haben Zeit bis 2032 und mit einer Ausbaugröße von mehr als 100.000 Einwohnerwerten bis 2029, um die Klärschlammverwertung neu zu organisieren. 

In der Vergangenheit ist mehrfach über die aktuellen Schwierigkeiten bei der Klärschlammentsorgung in Ostwestfalen-Lippe berichtet worden. Die aktuelle Entsorgungssituation und die zukünftigen Anforderungen erfordern schon heute Planungen für die zukünftige Klärschlammentsorgung. Die bisher in OWL betriebene landwirtschaftliche Verwertung ist nicht mehr bzw. nur noch sehr eingeschränkt möglich. Eine ordnungsgemäße Entsorgung erfolgt daher in Verbrennungsanlagen. In ganz Deutschland fehlen aber Kapazitäten hierfür. Daher steigt seit 2017 das Preisniveau für die Klärschlammentsorgung sprunghaft. In Niedersachsen und auch einigen Regionen OWLs wurde inzwischen von einem Entsorgungsnotstand gesprochen, da kaum noch Flächen für die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung zur Verfügung stehen.

Aufgrund der erheblichen Vorlaufzeiten für die notwendigen Umsetzungsmaßnahmen einer zukunftsfähigen Klärschlammentsorgung/-verwertung in OWL besteht deshalb die Notwendigkeit, schon frühzeitig zu handeln, um für neu zu schaffende Entsorgungskapazitäten einen ausreichenden Planungs- und Umsetzungszeitraum zur Verfügung zu haben. Vor allem aber besteht Einigkeit, dass ein interkommunales Vorgehen, nicht zuletzt auch im Sinne des Gebührenzahlers, sehr sinnvoll ist.
(Text: Klärschlammkooperation OWL)