Extreme Trockenheit im Frühjahr: Was bedeutet das?
Minden-Lübbecke -
Bis vor wenigen Tagen hat es lange nicht geregnet. Im Kreis Minden-Lübbecke sind die Böden ungewöhnlich trocken für diese Jahreszeit. Das zeigt auch die aktuelle Analyse von Diplom- Meteorologe Friedrich Föst aus Lübbecke: „Wir steuern auf eines der trockensten Frühjahre im nordwestdeutschen Raum seit Beginn systematischer Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881 zu. Derzeit bewegen wir uns sogar auf Rekordkurs“, sagt Föst. „Wir gehen von einem Extrem ins nächste, erst zu nass und jetzt zu trocken.“ Föst informiert das Umweltamt des Kreises regelmäßig über die Wetterdaten, und die sahen im vergangenen Jahr zur gleichen Zeit noch deutlich besser aus. Damals ächzte vor allem Südeuropa unter einer außergewöhnlichen Hitzewelle, es folgten – fast schon typisch – Starkregenfälle, die beispielsweise in Valencia oder in Wien großen Schaden angerichtet hatten.
In diesem Jahr nun bekommt Deutschland schon früh eine Phase der Trockenheit zu spüren, die auch im Kreis Minden-Lübbecke nicht ohne Folgen ist. Die Felder der Landwirte sind zu trocken, die Wasserverbände blicken wachsam auf die Situation von Trink- und Grundwasser, das Regionalforstamt betrachtet besorgt die wachsende Waldbrandgefahr. „Sollte sich der aktuelle Trend im Sommer fortsetzen, haben wir durch die jetzige Trockenheit natürlich besonders schlechte Startbedingungen, um in eine Hitzewelle zu gehen“, sagt Leona Aileen Eichel, Klimaschutz- und Klimaanpassungsmanagerin des Kreises.
Auch auf dem Land schlägt sich das trockene Wetter nieder: „So eine Frühjahrstrockenheit habe ich noch nicht erlebt. Es kneift schon.“, sagt Dr. Bernhard Rump, Kreisgeschäftsführer der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und Mitglied des Runden Tisches im Kreis Minden-Lübbecke. Schon Februar, März und April waren sehr trocken – das heißt, schon jetzt ist gerade der Westkreis aufgrund der Bodenverhältnisse von der Trockenheit betroffen. Weizen und Roggen beginnen zu leiden, während der Mais noch zu klein ist um Schaden zu nehmen. Aber wenn es erst in zwei bis drei Wochen regnet, leiden auch Kartoffeln und Zuckerrüben, so Rump.
In den Wäldern des Kreises sieht es so aus: „Auch die Bäume benötigen dringend Wasser! Neben den älteren Bäumen, die häufig mit ihren Wurzeln aus tieferen Schichten dort noch verfügbares Wasser aufnehmen können, denke ich vor allem an die jungen Anpflanzungen und die Naturverjüngung. Die jungen Bäumchen, die in den als erstes austrocknenden oberen Bodenschichten wurzeln, drohen zu vertrocknen, wenn es nicht bald ergiebige Regenfälle gibt.“, so Annette Uhr vom Regionalforstamt Ostwestfalen-Lippe.
Eine weitere Gefahr sind bei dieser großen Trockenheit in der Natur natürlich auch drohende Waldbrände. „Wir bekommen gewöhnlich wöchentliche Meldungen des Deutschen Wetterdienstes zur Waldbrandgefahr. In dieser Woche ist der Waldbrandindex für NRW von Stufe 3 (mittelhoch) auf teilweise Stufe 4 von 5 angehoben worden.“
Das Regionalforstamt appelliert an die Waldbesuchenden, achtsam zu sein und eventuelle Feuer sofort zu melden. Außerdem bitten die Forstleute und Waldbesitzenden um die Einhaltung folgender Regeln:
- Offenes Feuer ist im Wald und im Abstand von 100 Metern zum Wald, außer an explizit gekennzeichneten Grillplätzen, gesetzlich verboten.
- Rettungswege wie Waldwege und Waldzufahrten müssen frei bleiben.
- Kraftfahrzeuge dürfen nur auf befestigten Flächen abgestellt werden. Vom heißen Auspuff geht Brandgefahr aus, wenn sich vertrocknetes Pflanzenmaterial oder Laub darunter befindet.
- Keine Zigaretten in die Landschaft werfen – glimmende Kippen lösen immer wieder Waldbrände aus!
- Im Wald gilt vom 1. März bis zum 31. Oktober ein gesetzliches Rauchverbot.
Die Wasserversorger haben schon in den vergangenen heißen Sommern immer wieder zum sorgsamen Umgang mit Trinkwasser aufgerufen. Nachdem eine Hauptwasserleitung beschädigt worden war, steht die Trinkwasserampel der Stadtwerke Bad Oeynhausen bereits seit einiger Zeit auf gelb. Die anhaltende Trockenheit verstärkt die Problematik. Im Versorgungsgebiet des WBV Am Wiehen werden frühsommerliche Spitzenverbräuche festgestellt, die schon zur verbandsweiter Gelbschaltung der Trinkwasserampel geführt haben.
Infos zum Runden Tisch Klimafolgen im Kreis Minden-Lübbecke und zur Klima-Offensive des Kreises
Schon seit den Hitzesommern vor einigen Jahren trifft sich der Runde Tisch Klimafolgen im Kreis Minden-Lübbecke regelmäßig, um sich gegenseitig auszutauschen über Probleme, Gefahren und gezielte Maßnahmen, mit denen die Folgen des Klimawandels abgemildert werden können. Durch den Runden Tisch sind auch die Wege untereinander kürzer geworden. Hier treffen sich Entscheider und Gestalter, die jeweils ihren Bereich klimarobust für die Zukunft aufstellen wollen und müssen: Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserverbände, die Städte und Gemeinden, Verbraucherzentrale, Akteure im Bereich Bildung und Naturschutz, um nur einige zu nennen. „Wir stellen uns schrittweise immer besser auf solche Situationen ein, auch wenn wir natürlich als einzelner Kreis die globale Erwärmung weder stoppen noch Hitzewellen eindämmen können. Wir können und müssen aber sehr wohl Maßnahmen ergreifen, um uns klug auf Extremwetter vorbereiten“, so Eichel.
Mittlerweile gibt es zahlreiche Maßnahmen im gesamten Kreisgebiet und in allen betroffenen Bereichen. Viele von ihnen sind in der Klimaoffensive des Kreises zusammengefasst. Dort geht es in einem der sieben Handlungsfelder um Ökologie und Klimafolgenanpassung, zum Beispiel um Hitzevorsorge und Gesundheit, es gibt die Klimaallianz mit der Landwirtschaft, Projekte zum Moor-Erhalt oder auch ein Modellprojekt zum Starkregenschutz in Hanglagen. Auch bietet der Kreis seinen Kommunen gemeinsame Klimafolgenspaziergänge an, bekannt als Green Walks. Hier gibt es Tipps für den Alltag, kleine Experimente und Messungen, um Klimafolgen konkret vor Ort sichtbarer zu machen. „Asphalt heizt sich zum Beispiel viel stärker auf als bepflanzte Flächen. Deshalb ist es in Städten oft heißer als draußen auf dem Land“, erklärt Leona Aileen Eichel. Begrünte Flächen haben noch einen weiteren Vorteil, und zwar gegenüber Asphalt ebenso wie gegenüber ausgetrockneten Böden aller Art. Denn auch trockene Böden können nicht schnell große Wassermassen aufnehmen, wenn nach Hitze plötzlich Starkregen einsetzt. So entstehen reißende Ströme, die zu gefährlichen Überflutungen führen können.
Überblick zur aktuellen Lage von Diplom-Meteorologe Friedrich Föst:
Wir steuern auf eines der trockensten Frühjahre im nordwestdeutschen Raum seit Beginn systematischer Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881 zu. Derzeit bewegen wir uns sogar auf Rekordkurs. Zwar gehen für die Frühlingsglanz (Monate März, April und Mai) noch etwas mehr als 2 Wochen im Monat Mai ein, derzeit zeichnen sich aber bis Monatsende keine nennenswerten Niederschläge mehr ab, geschweige denn eine Umstellung der von hohem Luftdruck geprägten Großwetterlage.
An der vom Deutschen Wetterdienst betriebenen amtlichen Wetterstation in Rahden-Kleinendorf fiel seit Februar 2025 deutlich unterdurchschnittlich viel Niederschlag. Im Februar fielen nur 12,0 l/m², das entspricht lediglich 29% vom Soll des international gültigen Klimamittelwertes der Jahre 1961-1990. Es war gleichzeitig der 5. trockenste Februar an der Wetterstation in Rahden seit Beginn der Aufzeichnungen dort im Jahre 1951. Es folgte ein rekordtrockener März mit nur 4,4 l/m², gefolgt von einem April, der mit 20,2 l/m² immerhin 40% des sonst üblichen Niederschlags brachte. Im Mai wurde bislang nur 1,8 l/m² Niederschlag gemessen, ein bis dato einsamer Rekord. Im gesamten meteorologischen Frühling (Monate März bis Mai) fielen erst 26,4 l/m². Das entspricht aktuell nur 16,2% vom Soll der Jahre 1961-1990.
Diese Zahlen sind die Fortsetzung außergewöhnlicher Großwetterlagen, die insbesondere ab dem Jahr 2018 bei uns eingesetzt haben. Die meisten der Jahre 2018 bis 2023 waren von länger andauernden Trockenperioden geprägt, es folgte eine außergewöhnlich nasse Wetterphase, die von Juli 2023 bis Januar 2025 andauerte und neue Rekordwerte beim Niederschlag hervorrief. Nun steuern wir wieder auf eine außergewöhnlich trockene Witterungsphase zu, deren Dauer zwar noch nicht abgeschätzt werden kann, aber dennoch einige Zeit anhalten dürfte. Das zunehmende Kippen der Wettermuster in die extremen Randbereiche sind Auswirkungen des Klimawandels. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten außergewöhnlich nasser und trockener Witterungsphasen wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten laut Klimaprojektionen weiter zunehmen.