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179 Feldbetten stehen in der Jahn-Realschule

Lübbecke -

Der Kreis Minden-Lübbecke und die Stadt Lübbecke bereiten sich auf die Ankunft weiterer Flüchtlinge vor.

Nachdem bereits hunderte Schutzsuchende in Notunterkünften in Minden, Bad Oeynhausen und Porta Westfalica ein Dach über dem Kopf gefunden haben, ist die Jahn-Realschule in Lübbecke seit Mittwoch geräumt und für die Aufnahme von Flüchtlingen präpariert worden. Entgegen erster Annahmen werden nicht gleich 300 Flüchtlinge an diesem Wochenende eintreffen; vielmehr rechnen alle beteiligten Organisationen mit zunächst 179 Menschen. "Mehr Feldbetten waren in der Kürze der Zeit nicht zu bekommen", sagte Michael Kirchhoff, Arbeitsgruppenleiter Bevölkerungsschutz des Kreises Minden-Lübbecke, am Samstag vor der Presse.

Allerdings rechnet er - wie alle anderen Beteiligten - mit weiteren kurzfristigen Zuweisungen.
Ebenso wenig, wie diese Zahl bekannt ist, ist auch die Ankunftszeit der Schutzsuchenden bekannt. Man stehe in ständigen Kontakt mit dem Bezirksregierung in Detmold, die zwar den Tag nennen könne, leider aber nur ungefähre Uhrzeiten. So müsse man quasi "auf Zuruf" reagieren.

Unsichere Ankunftszeiten

In Veltheim sei die Ankunft für etwa 18 Uhr avisiert worden, angekommen seien die Flüchtlinge aber erst gegen Mitternacht. Manchmal gebe es auch eine Personenliste; in Veltheim habe es diese aber nicht gegeben. Und ob es eine solche Liste für Lübbecke geben werden, sei völlig offen.

Landrat Dr. Ralf Niermann wies nachdrücklich darauf hin, dass der Kreis leider immer nur sehr spät informiert werde und deshalb "aus dem Stand" reagieren müsse. Doch auch die übergeordneten Behörden wie die Bezirksregierung werde über Zuweisungen erst im letzten Moment informiert und könne deshalb Infos auch nicht früher weitergeben. So habe es am 7. September 2015 ein Anfrage gegeben, ein Tag später war glücklicherweise die Notunterkunft in Weltteil gefunden.

In Lübbecke sei es nicht anders gewesen: "Vergangenen Montag ist die Anfrage gekommen, am Dienstag sind mit der Lübbecker Verwaltungen alle Optionen geprüft worden. Abends ist die Entscheidung für die Jahn-Realschule gefallen, und Mittwoch sind Schüler, Lehrer, Eltern und die Öffentlichkeit informiert worden. Und dann haben Bundeswehr-Pioniere, Mitarbeiter von Kreis- und Stadtbauhof, DRK, Diakonie und freiwillige Feuerwehr das Gebäude vorbereitet." Dafür dankten Niermann und Lübbeckes amtierender Bürgermeister Eckhard Witte allen Beteiligten mehrfach ausdrücklich. Den Arbeitgebern, die freiwillige Feuerwehrkräfte ja freistellten, galt der Dank ebenso - und die Bitte, dies auch weiter zu ermöglichen.

Die Hoffnung, für die Bewältigung der Probleme mehr Zeit zu bekommen, habe sich bislang nicht erfüllt, sagte Niermann weiter. Trotz aller Schwierigkeiten setze man auf ein harmonisches und friedliches Miteinander. "Es kommen zu viele Menschen zu schnell. Und das zwingt uns zu Entscheidungen, die wir in normalen Zeiten so nicht treffen würden", erklärte der Landrat weiter und betonte, dass der Kreis bei der Unterbringung von Flüchtlingen auf eine gleichmäßige Belastung der Kommunen achte.

Der Focus liege jetzt darauf, den Schutzsuchenden bestmögliche Hilfen zu bieten nach wochenlanger Odyssee. Die unglaublich erschöpften Menschen sollten sich erst einmal erholen. Dabei werden das DRK Altkreis Lübbecke und die Diakonie Salem-Köslin gemeinsam mit der Diakonie Lübbecke als Betreiber der Unterkunft sorgen.

Während das DRK den sanitätsärztlichen Dienst übernimmt, versorgt die Diakonie die Flüchtlinge mit Essen und Trinken. Wobei das Essen komplett frisch ohne jegliches Schweinefleisch in der Zentralküche in Lahde gekocht wird, wie Christian Schultz, Vorstand der Diakonie Stiftung Salem, erklärte. Das Essen werden dann in der zu einem Gemeinschafts-Speiseraum umfunktionierten Realschul-Aula ausgegeben. Menschen in Not mit Zuwendung zu helfen und sie regelmäßig zu versorgen sei Kernaufgabe der Diakonie. Dazu seien die vielen Mitarbeiter und Helfer auch gern bereit.

Registrierung - aber keine Erstaufnahme

Wie unübersichtlich die Situation insgesamt ist, verdeutlichte Kreisdirektorin Cornelia Schöder, die den Stab für Flüchtlingsfragen beim Kreis leitet. Wegen der immensen Zahl seien die zentralen Registrierungsstellen völlig überlastet. Die Folge: In den Notunterkünften werden zunächst die Personaldaten der weitgehend nicht registrierten Flüchtlinge erfasst. Damit verbunden ist aber noch kein Asylantrag. "Der muss später im Rahmen des Erstaufnahmeantrages gestellt werden. Wann, wo und wie das passieren soll bzw. kann, ist noch völlig offen. Und deshalb ist auch nicht abzusehen, wie lange die Menschen in den Notunterkünften bleiben werden", sagte Cornelia Schöder.

Kreisbrandmeister Michael Schäfer - trotz Urlaubs organisiert er mit "Herzblut" die erforderlichen Arbeiten - erklärte, dass die Vorbereitungen der Jahn-Realschule in Lübbecke leichter gewesen seien als in Veltheim: "Dort fehlte die komplette Ver- und Entsorgung; das ist in Lübbecke alles gegeben. Hier musste die Schule geräumt, Einrichtung verpackt und abtransportiert oder eingelagert werden. Anschließend mussten die leeren Klassenräume mit Feldbetten bestückt werden." Man stehe in ständigem Kontakt mit der Bezirksregierung und habe auf Abruf Teams zur Registrierung, als Integrationslotsen und als Dolmetscher zur Verfügung.

Im Erdgeschoss des Südflügels gibt es jetzt ein Kinderspielzimmer und einen Raum als Rückzugsmöglichkeit für Mütter mit ganz kleinen Kindern. Der große Eingangsbereich soll als Gemeinschaftsraum genutzt werden. Zusätzlich zu den Toiletten im Gebäude ist ein Außen-Toilettencontainer aufgestellt worden. Sanitärcontainer mit Duschen sollen in der Woche ab 21. September 2015 geliefert werden. Ob diese Zusage allerdings eingehalten wird, sei völlig offen. "Dieser Markt ist wie leer gefegt", so Schäfer.

In den rund 60 Quadratmeter großen Schlafsälen - derzeit sind es zwölf - stehen zwischen elf und 18 Betten, jeder Bewohner verfüge über rund 4,5 Quadratmeter für sich selbst. Bei der Zuweisung der Plätze wird auf Familien und ethnische Zugehörigkeit Rücksicht genommen; ein "Wunschkonzert" sei aber nicht möglich.

Gezielt und überlegt helfen

Alle beteiligten Organisationen freuen sich über die riesige Hilfsbereitschaft und hoffen, dass sie anhält. Allerdings müsse man die Spenden auch logistisch bewältigen. Und da stoße man jetzt an Grenzen, sagte Uwe Altvater, Koordinator bei DRK Altkreis Lübbecke. Sachspenden seien erwünscht, insbesondere Kinderkleidung, Schuhe der Größe 43 und kleiner sowie Kleidung für Erwachsene in kleinen Größen.

Wer spenden will, wird gebeten, die Sachen ausschließlich bei der DRK-Kleiderkammer an der Osnabrücker Straße in Lübbecke abzugeben, keinesfalls aber direkt in der Notunterkunft. Wer Betten oder auch Kinderwagen übrig hat, wird gebeten, dies erst dem DRK zu melden. Bei Bedarf nimmt das DRK dann wieder Kontakt auf.
Lebensmittelspenden werden nicht angenommen.

Kleiderspenden für die Flüchtlinge der neuen Notunterkunft nimmt die DRK-Kleiderkammer entgegen in Lübbecke, Osnabrücker Straße 62 zu den Öffnungszeiten: 1., 2. und 3. Mittwoch des Monats, jeweils von 15 bis 16.30 Uhr. Telefon 05741-310011.  

Außerdem hat der Kreis auch für diese Unterkunft ein Spendenkonto eingerichtet. Unter dem Stichwort: „Spende für Flüchtlingshilfe, Notunterkunft Lübbecke“ können auf das Konto bei der 

Sparkasse Minden-Lübbecke
BLZ 490 501 01
Kto.-Nr. 40002016
IBAN: DE63490501010040002016
BIC: WELADED1MIN

eingezahlt werden.

Das DRK stellt in der Notunterkunft Lübbecke den Sanitätsdienst. Im eigens eingerichteten Arztzimmer mit Arztsprechstunden werden akute Krankheitsfälle erstversorgt und dann über das das weitere Vorgehen entschieden. Wegen der unterschiedlichen Kulturzugehörigkeit seien Dolmetscher sehr wichtig, um Zugang zu den Menschen zu bekommen. Altvater: "In Stresssituationen - und Flucht ist Stress - werden Krankheiten verdrängt, die aufbrechen, wenn Ruhe einkehrt. Darauf müssen wir uns einstellen."

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