• Lübbecke
  • Espelkamp
  • Rahden
  • Pr. Oldendorf
  • Hüllhorst
  • Stemwede

Unterhaltsberechnung: komplizierte Materie

Eine Unterhaltsberechnung zu erstellen ist eine meist aufwändige und komplizierte Angelegenheit. Grundsätzlich bemisst sich eine Unterhaltsverpflichtung nach der Höhe des monatlichen Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen. Doch wie wird die Höhe des Nettoeinkommens ermittelt?

Bei abhängig Beschäftigten ergibt sich ein erster Hinweis auf die Höhe des monatlichen Nettoeinkommens aus den Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Doch ist zu beachten, dass diese Nettoauszahlungsbeträge nicht ungeprüft als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen übernommen werden können, betont Regina Gerdom (Foto), Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht in Lübbecke.

Eine Unterhaltsberechnung zu erstellen ist eine meist aufwändige und komplizierte Angelegenheit.Auch die Angaben über erzielte Einkünfte, die aus Steuerbescheiden entnommen werden können, sind nicht unbedingt identisch mit dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen. Es gibt Positionen, die zwar steuerrechtlich beachtlich und in Abzug zu bringen sind, die aber unterhaltsrechtlich nicht zu einem Abzug führen.

Ein häufiger Streitpunkt sind in diesem Zusammenhang vermögenswerte Vorteile, wie z.B. kostenlose oder verbilligte Sachbezüge des Arbeitgebers. Dies kann freie Kost und/oder Logis oder ein Firmenwagen sein. Diese vermögenswerten Vorteile stellen einen Geldwert dar, der auch unterhaltsrechtlich beachtlich ist.

Das OLG Hamm (Entscheidung vom 10.12.2013, AZ: 2 UF 216/12) hatte vor einiger Zeit wieder einen Fall zu entscheiden, in dem es auch um die Frage der unterhaltsrechtlichen Behandlung eines Dienstwagens ging.

Der getrennt lebende Ehemann und Vater einer Tochter wurde auf Unterhalt in Anspruch genommen. Die Höhe des Unterhalts, insbesondere des Unterhalts für seine getrennt lebende Ehefrau, war zwischen den Beteiligten streitig.

Der Ehemann hatte von seinem Arbeitgeber einen Dienstwagen gestellt bekommen. Er gab an, es sei von der 1%-Regelung Gebrauch gemacht worden. Dies bedeutet, dass dem Bruttoeinkommen des Ehemanns vom Arbeitgeber für jeden Kalendermonat ein Betrag hinzugerechnet wurde, der sich auf 1% des inländischen Listenpreises des Dienstwagens im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung und Umsatzsteuer belief. Dieser Nutzungsvorteil wurde in den Gehaltsbescheinigungen des Ehemannes mit monatlich 236,00 € ausgewiesen. Nach entsprechender Versteuerung wurde der Nettobetrag von seinem Einkommen wieder abgezogen.

Zu prüfen war nun vom Gericht, ob dem Ehemann dieser Betrag als zusätzliches Einkommen anzurechnen war oder nicht. Der Ehemann gab anfangs an, er nutze den Dienstwagen überhaupt nicht privat, er nutze ausschließlich ein Motorrad für private Fahrten.

Allerdings teilte der Ehemann im Verlauf des Verfahrens mit, dass sich seine Tochter weigern würde, auf seinem Motorrad mitzufahren. Er musste dann zugestehen, dass er zumindest für die Fahrten mit der Tochter im Rahmen des Umgangs den Dienstwagen auch privat nutzt. Dies reichte dem OLG aus, um anzunehmen, dass der Ehemann den Dienstwagen zumindest teilweise auch privat nutzt. Da der Ehemann nicht dargelegt hatte, in welchem Umfang er den Pkw privat nutzte, ging dies zu seinen Lasten.

Wird jedoch einem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, so erhöht sich nach Ansicht des OLG Hamm grundsätzlich sein unterhaltspflichtiges Einkommen, soweit er eigene Aufwendungen für die Unterhaltung eines Pkws erspart. Da konnte der Ehemann auch nicht mit dem Argument durchdringen, er selbst hätte sich ein derartiges Fahrzeug nie angeschafft.

In dem vorliegenden Fall hat das OLG Hamm dann festgestellt, dass der unterhaltsrechtlich relevante Betrag mit dem Betrag identisch ist, der der Verdienstabrechnung zu entnehmen ist.

Das Einkommen des getrennt lebenden Ehemannes ist also durch einen vermögenswerten Vorteil erhöht, der auch in den Gehaltsbescheinigungen ausgewiesen ist. Der für die Ehefrau zu zahlende monatliche Unterhalt war daher aufgrund des höheren monatlichen Nettoeinkommens des Ehemanns zu berechnen. (Text: Regina Gerdom)