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Einheimische im Urlaubsland sind kein Reisemangel

Wer glaubt, die Juristerei sei eine trockene Materie, der kennt die vielen skurrilen, komischen und absurden Fälle nicht, mit denen sich Juristen befassen müssen und die teilweise Staunen, Ungläubigkeit, Kopfschütteln, aber auch Schmunzeln hervorrufen.

Wer glaubt, die Juristerei sei eine trockene Materie, der kennt die vielen skurrilen, komischen und absurden Fälle nicht, mit denen sich Juristen befassen müssen und die teilweise Staunen, Ungläubigkeit, Kopfschütteln, aber auch Schmunzeln hervorrufen.Beate Aumann-Kaup (Foto), Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Erbrecht und Mediatorin mit Kanzlei in der Osnabrücker Str. 3 in Lübbecke, hat hier einige Beispiele aus »dem richtigen Leben« gesammelt.

Wer zu Schaden kommt, versucht zumeist erst einmal einen Schuldigen haftbar zu machen. So auch ein Karnevalsfan, den bei einem Faschingsumzug ein Bonbon so unglücklich traf,  dass sein Schneidezahn beschädigt wurde. Der »Kamelle-Geschädigte« verlangte von dem Veranstalter Schadensersatz. Seine Klage vor Gericht blieb allerdings ohne Erfolg. Offensichtlich gibt es doch noch etwas wie ein allgemeines Lebensrisiko. 

Kleinlich zeigte sich ein Pizzaliebhaber, der eine Pizza mit 32 Zentimeter Durchmesser zum Mitnehmen bestellte. Zuhause nahm er Maß und siehe da: Die Pizza hatte nur 28 Zentimeter Durchmesser. Dennoch aß er die Pizza auf, stellte aber sodann Strafantrag gegen den Pizzabäcker wegen Betruges, denn er hatte nach seinen Berechnungen 1,20 Euro zu viel gezahlt. Zum Beweis legte er den leeren Pizzakarton vor. Der Pizzabäcker räumte sein Versehen wegen der Hektik angesichts der Vielzahl von Bestellungen ein. Das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde eingestellt.

Nachthemd oder nicht?

Die Richter am Bundesfinanzhof wussten sich in einem Konflikt zwischen dem Zollamt und einem Importeur von Textilien nicht anders zu helfen, als den Europäischen Gerichtshof anzurufen. In ihrer Kompetenz überfordert sahen sie sich mit folgendem Problem konfrontiert: Waren die importierten Kleidungsstücke zollrechtlich als Nachthemd zu klassifizieren und unterlagen damit dem niedrigeren Steuersatz - oder waren es Kleider? 

Die europäischen Richter definierten salomonisch »Nachthemden sind Unterkleider, die nach objektiven Merkmalen bestimmt sind, ausschließlich oder im Wesentlichen im Bett getragen zu werden«. Sie gaben dann allerdings den Mitgliedstaaten auf, Details selbst zu regeln, z.B. ob diese Kleidungsstücke unterschiedslos im Bett oder auch an anderen bestimmten Orten getragen werden könnten.

Sicherlich gibt es hier zu Lande seitdem zu dieser Problematik umfassende Verordnungen, um die zollrechtlichen Fragen detailliert zu beantworten.

Entgangene Urlaubsfreuden sind immer wieder ein Streitthema bei Gericht. Nicht alle Erwartungen der Reisenden werden erfüllt, aber nicht immer begründet das Erstattungsansprüche. Doch bei der  Aussicht auf »Geld zurück« kennt die Phantasie keine Grenzen. Das soll selbstverständlich nicht heißen, dass es nicht durchaus sehr berechtigte Reklamationen gibt!

So trug ein Urlauberpaar mit Urlaub im fernen Mauritius zur Begründung seiner Erstattungsforderungen diverse Mängel vor, wie z.B. »das Abendessen sei ekelerregend gewesen und auf dem Frühstücksbuffet hätten sich Fliegen befunden«. Als der Richter dies nicht so recht als Reisemängel und Erstattungsgründe sehen wollte, holten die Eheleute ihren letzten »Trumpf« aus dem Ärmel: Es hätten sich zudem Einheimische am Strand befunden. Der Richter blieb auch hier unerschrocken und wies die Klage mit der Begründung ab, dass Einheimische im jeweiligen Urlaubsland keinen Reisemangel darstellten. 

Enttäuschte Liebe ist kein Kündigungsgrund und Reisemangel

Kurios auch diese Beschwerde: Eine Urlauberin verliebte sich in einen Animateur und musste bei ihrem Urlaub im nächsten Jahr in demselben Hotel feststellen, dass der Angebetete eine neue Flamme hatte. Die enttäuschte Urlauberin verlangte nicht nur die Entlassung des Animateurs, sondern auch noch den Reisepreis zurück – beides erfolglos.

Die Geschmäcker und Erwartungen der Reisenden sind überaus unterschiedlich, und entsprechend fallen auch die Reklamationen aus:  Während sich die einen beschweren, dass die Küche nicht landestypisch genug sei, bemängeln die anderen, dass es kein deutsches Schnitzel gäbe.

Auch für das Wetter soll der Reiseveranstalter haften: Ein Familienvater verlangte ein Viertel des Reisepreises von 27.000 Euro für eine Reise auf die Seychellen zurück, weil seine Kinder wegen des Windes und des damit verbundenen Wellenganges nur selten baden und Schnorcheln konnten. Surfer hätten sich über den Wellengang sicher gefreut und hätten ständige Flaute bemängelt.

So treibt die Juristerei überall und immer wieder Blüten, die aber nur sprießen können, weil es immer wieder viele gibt, die für diese »Artenvielfalt« sorgen. Und eins ist sicher: Es wird uns noch viel einfallen.

(Text: Beate Aumann-Kaup)