BGH Grundsatzentscheidung zur Selbstanzeige
Angesichts der enormen Abgaben- und Steuerlast spielt der eine oder andere - so er denn über das entsprechende "zusätzliche Kleingeld" verfügt - mit dem Gedanken, Erträge aus entsprechenden Anlagen dem Steuerzugriff zu entziehen. Aber nicht nur die Beispiele Prominenter zeigen, dass das meist schief geht. Dazu kommen bekanntlich immer mal wieder kleinen CDs aus dem Ausland mit vielen Daten deutscher Steuerpflichtiger bzw. vermeintlicher "Steuerflüchtlinge", die Finanzbehörden zum Kauf angeboten werden. Und gerade dann steigt die Zahl der Selbstanzeigen. Dazu gibt es jetzt neue Vorgaben des Bundesgerichtshofes, erklärt Jurist Georg Goebel, der gemeinsam mit Peter Kresken in Sozietät eine Anwaltskanzlei in Hüllhorst und Lübbecke betreibt.
Die strafbefreiende Selbstanzeige ist in der Vergangenheit stets ein probates Mittel zur Rückkehr zur Steuerehrlichkeit gewesen. Die in § 371 AO (Abgabenordnung) geregelten Voraussetzungen der Selbstanzeige waren seit langem in vielen Entscheidungen gerichtlich geklärt. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof (BGH), offensichtlich vor dem Hintergrund einer veränderten Wahrnehmung von Steuerstraftaten in der Öffentlichkeit und in der Politik mit einem Beschluss vom 20.05.2010 (1 StR 577/09) die langjährige bisherige Rechtsprechung zur Selbstanzeige über Bord geworfen und neue Voraussetzungen festgesetzt.
Der BGH geht mit dem Beschluss davon aus, dass eine Selbstanzeige nur dann wirksam sei, wenn sie vollständig und richtig sei. Daraus wird die Schlussfolgerung gezogen, dass Teilselbstanzeigen - entgegen der früheren Rechtsprechung des BGH - nicht ausreichen, um Straffreiheit zu erlangen.
So soll z.B. ein Steuerpflichtiger, der Zinseinkünfte aus zwei Konten nicht angibt und in der Selbstanzeige nun die Zinseinkünfte aus einem der beiden Konten erklärt, eine unvollständige und damit unwirksame Selbstanzeige abgeben; das war bisher anders. Ungeklärt ist, ob die nunmehr verlangte vollständige Selbstanzeige für ein Veranlagungsjahr insgesamt oder je Steuerart verlangt wird. Unklar ist, auf welchen Zeitraum für die Vollständigkeit abzustellen ist.
Auch die Sperrwirkung des Erscheinens eines Amtsträgers zur Ermittlung einer Steuerstraftat wird in der Grundsatzentscheidung des BGH nunmehr anders gesehen als bisher. Das Rechtsinstitut der Selbstanzeige ist damit deutlich schwieriger geworden. Die derzeit offenen Zweifelsfragen bei der Handhabung der Selbstanzeige gebieten für die Abgabe einer Selbstanzeige auf jeden Fall fachlichen Rat in Anspruch zu nehmen, um die größtmögliche Sicherheit bei der Abgabe der Erklärung zu erlangen. Text: Rechtsanwalt Georg Goebel