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Gerrit Rietveld und die Revolution in Rotgelbblau

Herford -

Anlässlich des 100. Gründungsjahrs der Künstlerbewegung De Stijl zeigt das Marta Herford bis zum 4. Februar 2018 die einzige Jubiläumsausstellung in Deutschland.

Anlässlich des 100. Gründungsjahrs der Künstlerbewegung De Stijl zeigt das Marta Herford bis zum 4. Februar 2018 die einzige Jubiläumsausstellung in Deutschland. Mit „Revolution in Rotgelbblau – Gerrit Rietveld und die zeitgenössische Kunst“ rückt das bahnbrechende Schaffen des Architekten und Designers Gerrit Rietveld in den Mittelpunkt, der neben Piet Mondrian zu den Schlüsselfiguren der De-Stijl-Gruppe zählt. Herausragende Exponate aus dem Centraal Museum Utrecht bilden den historischen Kern der Aus­stellung, die in einem zweiten Teil diese revolutionären Ideen der Moderne aus zeitgenössischer Perspektive neu befragt. Fotografien, Malerei, Performance sowie großformatige Installationen und Videos internationaler KünstlerInnen, die eigens für die Ausstellung beauftragt wurden, thematisieren einen faszinierenden Aufbruch, der ein ganzes Jahrhundert nachhaltig veränderte.

„Die Kunst ist eine geistige Tätigkeit, die das Ziel verfolgt, die Menschen aus dem Lebenschaos zu erlösen.“ Theo van Doesburg

Im Schatten des ersten Weltkriegs und zwei Jahre vor Gründung des staatlichen Bauhauses in Weimar stellten sich in den Niederlanden die Weichen für eine ästhetische Revolution: Unter Leitung Theo van Doesburgs gründete 1917 eine kleine Gruppe von Künstlern, Archi­tekten, Gestaltern und Theoretikern die Zeitschrift „De Stijl“ („Der Stil“). Geprägt von dem großen technischen und gesellschaftlichen Wandel des urbanen Lebens loteten sie die Beziehung zwischen Kunst und Leben neu aus.

Abstraktion und die Konzentration auf die Grund­farben sowie auf wenige klare Formen wurden dabei zu den zentralen Richtlinien erklärt. Neben Piet Mondrian, Bart van der Leck oder Georges Vantongerloo stößt auch der Schreinermeister Gerrit Rietveld zu den De-Stijl-Aktivisten: Mit seinen wegweisenden Entwürfen zur Gestaltung des Rietveld-Schröder-Hauses in Utrecht setzte er 1924 einen architektonischen Meilenstein, der die Zusammenfassung eines klaren, funktionalen und wandelbaren Designbegriffes bildet.

Mit rund 140 Exponaten aus dem Centraal Museum Utrecht reist ein spektakulärer Teil der weltweit umfangreichsten Rietveld-Sammlung ins Marta Herford, ergänzt um einige bedeutende Exponate weiterer Leihgeber. Neben Piet Mondrians „Tableau No. X“ (1925) oder Bart van der Lecks „Composition ’18-’22“ (1921) ist auch Gerrit Rietvelds berühmter „Rot-Blauer Stuhl“ (1918) zu sehen. Er ist nicht nur ein revolutionär gedachtes Möbel, sondern auch ein Raum-Experi­ment, das durch den Verzicht auf alles Überflüssige und die Verwendung nicht sichtbarer Dübel einen schwebenden Eindruck vermittelt.

Ausgehend von diesem hochkarätigen historischen Kern antworten im weiteren Verlauf der Ausstellung 18 internationale KünstlerInnen auf die utopischen Ideen jener Zeit mit über 50 Werken zwischen anerkennender Verbeugung, ironischer Distanz und kritischer Reflexion. So ist der Bezugspunkt für die Beiträge von Adrien Tirtiaux (*1980), Christoph Büchel (*1966) und Tobias Rehberger (*1966) Rietvelds Möbelklassiker, der „Rot-Blaue-Stuhl“: Tirtiaux kreiert auf Basis des sogenannten Rietveld-Knotens einen gewaltigen Raumkörper aus einfachem Bauholz, der als transparente Rasterkonstruktion die Ausstellungsgalerie zu sprengen scheint. Büchel hingegen persifliert das Designstück, indem er ihn mit Ledergurten zum Folterinstrument umdeutet – das historische Erbe als qualvolle Last? Rehberger wiederum skizzierte Stuhlklassiker aus dem Gedächtnis und ließ sie anschließend von afrikanischen Tischlern nachbauen. Daraus sind Sitzmöbel von irritierender Gestalt zwischen Wiedererkennen und beißender Ironie entstanden.

Die raumfüllende Videoinstallation von Yves Netzhammer (*1970) nutzt die ungebrochene Attraktivität einer zeichenhaften Farb- und Formenwelt für einen eher desillusionierten Blick auf die großen utopischen Entwürfe. In seinen digitalen Erzählungen verwandelt sich das harmonische Spiel der Gestaltungselemente in ein bedrohliches Ringen mit geheimnisvollen Zeichen und übermächtigen Ordnungssystemen. Geleitet von Licht, Körper und Raum – Motive, die auch in Rietvelds Schaffen eine große Rolle spielten – zeigt das Künstlerpaar Marie Cool / Fabio Balducci (*1961, *1964) in ihren Aktionsvideos einfache, sich wiederholende Gesten mit DIN A4-Blättern und Büroeinrichtungen, die die allgegenwärtige Standardisierung und Optimierung von Arbeitsabläufen thematisieren.

Mit Siebdrucken auf den Scheiben des gläsernen Museumseingangs übersetzt Stefan Hoffmann (*1961) Gestaltungselemente aus der De-Stijl-Welt in einen funktionalen Zusammenhang. Seine farbigen Zeichen- und Buchstabenreihen sind so positioniert, dass sie kontrastreiche Orien­tie­rung für Menschen mit Seheinschränkungen bieten und nach Ausstellungsende erhalten bleiben.

Nicolas Chardon, Jean-Pascal Flavien, Sylvie Fleury, Thomas Huber, Sofia Hultén, Imi Knoebel, Mark Manders, Katja Mater, Andreas Schmid, Erik van Lieshout und Johannes Wohnseifer sind mit weiteren zeitgenössischen Werken vertreten.

Die Ausstellung wird gefördert durch die Kunststiftung NRW, die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, die Niederländische Botschaft in Berlin sowie durch den Mondriaan Fonds. Sie entstand in enger Kooperation mit dem niederländischen Centraal Museum Utrecht und ist im Marta Herford bis zum 4. Februar 2018 zu sehen.

Auf einer Ausstellungsfläche ca. 1200 Quadratmetern werden rund 200 Exponate gezeigt: Fotografien, Malereien, Installationen, Videos, Performances, Möbel, Modelle, Zeichnungen und Dokumente der KünstlerInnen Christoph Büchel, Nicolas Chardon, Marie Cool / Fabio  Balducci, Theo van Doesburg, Jean-Pascal Flavien, Sylvie Fleury, Robert van ‚t Hoff, Stefan Hoffmann, Thomas Huber, Sofia Hultén, Vilmos Huszár, Piet Klaarhamer, Imi Knoebel, Bart van der Leck, Erik van Lieshout, El Lissitzky, Mark Manders, Katja Mater, Piet Mondrian, Yves Netzhammer, Tobias Rehberger, Gerrit Rietveld, Andreas Schmid, Truus Schröder-Schräder, Adrien Tirtiaux, Friedrich Vordemberge-Gildewart, Johannes Wohnseifer und Piet Zwart. 
Text: Daniela Sistermanns – Museum Marta Herford)


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